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„Wir haben eine richtige Gewaltseuche im Herzen des Islam.“

Im Interview warnt Abdel-Samad eindringlich vor einem demokratiegefährdenden politischen Islam.
Der Koran sei ein Schriftwerk, das im Kontext der Entstehung betrachtet werden müsse, sagt er.
Es enthalte sowohl die Botschaft der Liebe und des Friedens als auch die Botschaft des Hasses und der Gewalt.Die Erklärung dafür liege in der Geschichte.
In dem Buch sei die Entwicklung der Gemeinde Mohammeds dokumentiert.
Zunächst sei sie in Mekka noch klein, schwach und friedlich gewesen, predigte Toleranz. Später, in Medina, habe sie eine Armee gehabt und fast ausschließlich vom Krieg, von Beute und dem Verkauf von Sklaven gelebt. „Darum kamen zuletzt die Passagen, die Krieg und Gewalt gegen Ungläubige verherrlichen“, erklärt Abdel-Samad.So kann der Koran heute in zwei Lesarten interpretiert werden
- der friedlichen und der gewalttätigen.
Islamisten würden demnach laut Abdel-Samad den Koran nicht im historischen Kontext sehen.
„Mohammed reagierte auf die Fragen der Menschen von damals
 aber nicht auf unsere von heute.
“ Im Koran als Ungläubige bezeichnete Menschen seien damals kleine Gruppen gewesen, die in Konkurrenz zu Mohammed standen.
Damit seien nicht Atheisten, Juden oder Christen von heute gemeint.
„Im Koran spricht nicht Gott für alle Zeiten für alle Menschen, sondern Mohammed spricht kontextbezogen auf Mekka und Medina“,
so Abdel-Samad.
Die Verfassung setzt den Rahmen für Religionsausübung
Der 44-Jährige warnt eindrücklich:
„Man darf den Koran nicht als politisch-juristischen Ratgeber lesen.“ Weder der politische Teil des Korans, der die Entwicklung, Kriege und Friedensabkommen der Gemeinschaft um Mohammed beschreibt, noch der juristische Teil, der Gebote und Verbote umfasst, könne aus heutiger Sicht Allgemeingültigkeit besitzen.Lediglich der Teil mit allgemeinen Prinzipien
- etwa Gerechtigkeit, Ehrlichkeit, Solidarität mit den Armen, Bewahrung der Schöpfung, Verlangen nach Wissen und Gleichheit aller Menschen - könne einfach übertragen werden.
Wichtig für die heutige Zeit sei, dass die Verfassung an erster Stelle komme und den Rahmen für die Religionsausübung festsetze.
„Nicht alles, was im Koran steht, darf automatisch umgesetzt werden“, sagt er